Was zieht einen Entlebucher nach Engelberg? Oder anders gefragt, wieso hast du das Amt des OK-Präsidenten übernommen?

Ich finde es eine spannende Idee mit Perspektive, der Anlass findet im wunderschönen Engelbergertal statt und es stecken interessante Menschen dahinter.

 

Was treibt dich an, so viel Zeit und Herzblut in den Skisprungsport zu investieren?

Der Skisprungsport beschäftigt mich nicht erst seit gestern, sondern tat es schon in meinen anderen Funktionen beim ZSSV oder früher. Ich habe mich auch während meiner Zeit bei Swiss-Ski für die kleineren Sportarten eingesetzt – insbesondere auch fürs Skispringen. So habe ich mich etwa für die Skisprungschanzen in Einsiedeln und Kandersteg stark gemacht, damit diese weiterhin sprungbereit bleiben. Für mich ist es eine sehr attraktive Sportart, in der die Schweiz in den vergangenen Jahren sportlich ein wenig in der Defensive war. Wenn nun die Erfolge wieder zurückkommen, hat der Skisprungsport eine unglaubliche Ausstrahlungskraft. National und international.

 

Gregor Deschwanden überzeugte an den Sommer Grand Prix, mit Sina Arnet springt gar eine Engelbergerin im Weltcup mit. Dennoch fehlt in der Schweiz ein Aushängeschild, wie es einst Simon Ammann war. Wie wichtig wäre ein solches Zugpferd für den Anlass?

Das ist enorm wichtig. Das Interesse des Schweizer Publikums steigt natürlich, wenn ein Schweizer stark springt. Mit Sina Arnet haben wir in Engelberg einen Glücksfall: Wenn sie gesund bleibt, bei uns die Qualifikation schafft und dann am Start steht, ist es das Tüpfchen auf dem i.

 

In deinem ersten Jahr als OK-Präsident kommt es gleich zu einer Premiere und wir dürfen erstmals die Frauen in Engelberg begrüssen. Was bedeutet dir das persönlich?

Das bedeutet mir sehr viel. Als ich für das Amt angefragt wurde, war ein Kriterium, dass ich die Frauen in den Weltcup integrieren möchte. Das ist hochspannend und sie verdienen das. Die Integration ist ein wichtiger Schritt, der mithilft, die Zukunft der Weltcupdestination Engelberg zu sichern.

 

Was hat die Integration der Frauen für Herausforderungen mit sich gebracht?

Ziemlich grosse. Nur schon der Zeitplan am Wochenende war eine Herausforderung. Zudem hat man auf einmal zwei differenzierte Teams, was logistische und infrastrukturelle Herausforderungen mit sich bringt. Am Schluss wirkt sich dies alles auch auf die Finanzen aus.

 

Wo warten allgemein die grössten Herausforderungen auf dich?

Einerseits ist es das Zusammenspiel Frauen und Männer, was wie erwähnt ein Kostentreiber ist. Überall kommen die Teuerungen hinzu, welche wir zu kompensieren versuchen. Das Gleichgewicht zu finden, ist eine grosse Challenge.

 

Wie gehst du diese Challenge konkret an?

Ich kam von aussen ins OK und habe am Anfang unzählige Einzelgespräche geführt, um das ganze Konstrukt zu verstehen. Das war entscheidend. Im zweiten Schritt analysierte ich, wie die Organisation funktionierte. Als nächstes schaute ich, wie man die Struktur anpassen kann, damit wir alles Gute – das Know-how und die Leute – mitnehmen können, aber gleichzeitig eine schlankere Struktur erreichen. 

 

Welche Ziele und Ideen verfolgst du, um den Event weiterzuentwickeln?

Ich sagte immer, wir machen ein Retrofit: Das Gute behalten und mitnehmen und darauf aufbauen. Ich wollte nicht alles über den Haufen werfen. Das Retrofit haben wir mit der Aufnahme der Frauen gemacht. Dadurch dauert das Wochenende länger, was Auswirkungen auf die Unterhaltung hat. Auch dort arbeiten wir im selben Stil – das Gute behalten, aber den Inhalt anders füllen, so dass man sieht, dass auch etwas Neues kommt.

 

Ideen und Ziele tönen immer gut. Leider braucht es dafür oftmals Geld. Du hast die Finanzen bereits angesprochen. Wie blickst du der finanziellen Zukunft entgegen?

Die Idee ist natürlich, den Anlass dorthin zu entwickeln, dass er finanziell nachhaltig wird. Der Zukunft schaue ich positiv entgegen, denn das Potenzial ist da. Wichtig ist, dass wir das Potenzial erkennen und einen Weg finden, Einsparungen zu machen und gleichzeitig durch die Attraktivitätssteigerung und der Anpassung des Events neue, zusätzliche Gelder entwickeln können.

 

Der Skisprungsport vermag in der Schweiz nie dieselben Massen zu bewegen wie es etwa der alpine Skirennsport tut. Hast du gute Argumente, weshalb man nach Engelberg kommen soll?

Unsere Schanze hat den steilsten Anlauf im ganzen Weltcup und die Athletinnen und Athleten zeigen absolute Spitzenleistungen auf Weltklasseniveau. Umrahmt wird das Ganze von einem top Rahmenprogramm. Und einfach, weil Engelberg immer eine Reise wert ist.

 

An der Sportmittelschule Engelberg sind derzeit hoffnungsvolle 13 Skispringerinnen und Skispringer. Einige von ihnen werden wir am Weltcup oder am Continentalcup über die Schanze springen sehen. Schmerzt es dich, dass die Schanze nicht ganzjährig oder zumindest im Winter zu Trainingszwecken genutzt werden kann?

Eine Trainingsanlage wäre selbstverständlich der Idealfall. Aber grundsätzlich ist es viel wichtiger, dass die 13 Topsportlerinnen zusammen an einer Schule sind. Der alpine Skirennfahrer hat die Rennpisten während vielen Monaten im Jahr auch nicht vor dem Schulzimmer. Das ist eine reine Frage der Organisation.

 

Die Schweiz ist daran interessiert, 2030 die Olympischen Winterspiele auszutragen. Welche Rolle würde Engelberg mit seiner Grossschanze spielen?

Eine sehr wichtige. Wir sind der einzige Weltcupveranstalter in der Schweiz und sind die einzigen mit einer Grossschanze. Zudem haben wir auch die nötige Geländekammer, um eine nordische Kombination durchführen zu können. Der Standort von Engelberg mit seiner Nähe zum urbanen Gebiet bietet optimale Voraussetzungen, damit die logistischen und infrastrukturellen Bedürfnisse abgedeckt werden können. Der Anteil an bestehender Infrastruktur ist sehr hoch.

Autorin

Andrea Hurschler
Zuständig für die Kommunikation des Viessmann FIS Skisprung Weltcup Engelberg wirkt die Engelbergerin mit grossem Tatendrang im Kern-OK der Eventorganisation mit.